Wichtige Fakten zur Lokalisierung für den indischen Markt
05. Feb. 2021
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Indiens Online-Wirtschaft ist in den letzten Jahren rasant gewachsen und das Land entwickelt sich zusehends zu einem bedeutenden E-Commerce-Standort. Im weltweiten Vergleich ist Indien sogar der am schnellsten wachsende E-Commerce-Markt. Schätzungen zufolge wird Indiens E-Commerce-Branche bis 2021 auf ein Volumen von 84 Milliarden USD anwachsen. 2017 waren es gerade einmal 38,5 Milliarden USD.
Bis Ende 2020 wird die indische Online-Wirtschaft Prognosen zufolge 250 Milliarden USD wert sein – ein Markt, den international agierende Unternehmen keinesfalls ignorieren sollten.
Ihren schnellen Aufstieg hat die digitale Wirtschaft Indiens in erster Linie der zunehmenden Verbreitung von Smartphones und der immer besseren Internet-Verfügbarkeit zu verdanken. 2007 nutzten gerade einmal 4 % der indischen Bevölkerung das Web. 2019 waren es bereits über 52 %. 2021 wird es etwa 829 Millionen Web-Nutzer in dem Land geben – das entspricht etwa 62 % der indischen Bevölkerung. Von den neuen Web-Nutzern Indiens spricht die Mehrheit kein Englisch, sondern eine lokale indische Sprache.
Angesichts des starken Wirtschaftswachstums und der zunehmenden Geschäftschancen müssen Unternehmen, die in Indien Fuß fassen wollen, die verschiedenen Sprachen für Übersetzungs- und Lokalisierungszwecke berücksichtigen. Hier ein kleiner Überblick über die meistgesprochenen Sprachen Indiens, die jedes Unternehmen, das in diesem breitgefächerten Markt bestehen will, berücksichtigen muss.
Sprachen in Indien
Die Verfassung Indiens erkennt offiziell 22 Sprachen an, doch 89 % der indischen Bevölkerung sprechen eine der folgenden zehn häufigsten Sprachen:- Hindi
- Bengalisch
- Marathi
- Telugu
- Tamil
- Urdu
- Gujarati
- Kannada
- Odia
- Malayalam
Hindi
Hindi ist mit 528 Millionen Sprechern bzw. 41 % der Bevölkerung die am weitesten verbreitete Sprache in Indien. Unter den meistgesprochenen Sprachen der Welt steht Hindi an vierter Stelle nach Mandarin, Spanisch und Englisch. Hindi wird vorwiegend in Nordindien gesprochen und ist die offizielle Sprache der indischen Regierung. Auch in Nepal, auf den Fidschi-Inseln und in Afghanistan gibt es viele Menschen, die Hindi sprechen und verstehen können. Das liegt zum einen an der geografischen Nähe und zum anderen an der Popularität von Bollywood-Filmen. Hindi kommt dem Konzept einer universellen Nationalsprache Indiens am nächsten.Bengalisch
Die bengalische Sprache, auch Bengali genannt, ist die am zweithäufigsten gesprochene Sprache Indiens. Sie wird von etwa 8 % der indischen Bevölkerung gesprochen. Das entspricht etwa 105 Millionen Menschen. Bengalisch wird hauptsächlich in den Bundesstaaten Westbengalen, Assam und Tripura gesprochen, also in Gebieten in Grenznähe zu Bangladesch, dessen offizielle Sprache ebenfalls Bengalisch ist.Marathi
Marathi ist mit ca. 83 Millionen Sprechern bzw. 7 % der Bevölkerung die am dritthäufigsten gesprochene Sprache in Indien. Sie wird vorwiegend in westlichen Bundesstaaten Indiens gesprochen, wie Maharashtra und Goa. Wie viele andere indische Sprachen ist Marathi aus dem Sanskrit hervorgegangen und soll mehr als 1300 Jahre alt sein. Es gibt 42 regionale Dialekte, von denen einige stark dem östlichen Hindi ähneln.Telugu
Telugu ist die Sprache mit den viertmeisten Sprechern in Indien. Sie wird von etwa 81 Millionen Menschen in verschiedenen Bundesstaaten und Regionen Indiens gesprochen, darunter Andhra Pradesh, Telangana, Karnataka, Yanam, die Andamanen und Nikobaren, Odisha, Chhattisgarh, Maharashtra und Tamil Nadu. Als ältestes Sprachzeugnis des Telugu gilt eine Inschrift auf Münzen aus der Zeit um 400 v. Chr. Damit ist die Sprache mindestens 2400 Jahre alt. Telugu gehört zur dravidischen Sprachfamilie, die etwa 70 vorrangig in Südasien verbreitete Sprachen umfasst.Tamil
Tamil ist die fünfthäufigste Sprache Indiens und wird von etwa 6 % der Bevölkerung gesprochen. Das entspricht etwa 67 Millionen Menschen. Die Sprache wird vor allem in Südindien in Regionen wie dem Bundesstaat Tamil Nadu und dem Unionsterritorium Puducherry gesprochen. Darüber hinaus ist sie in Singapur, Sri Lanka, Südafrika, Malaysia und auf Mauritius verbreitet.Indien und die englische Sprache
Neben den genannten Sprachen ist auch Englisch in Indien aufgrund seiner Vergangenheit als britische Kolonie im 19. und frühen 20. Jahrhundert weit verbreitet. Heute gilt Englisch weithin als Geschäftssprache. Die meisten Inder sprechen Englisch nicht als Muttersprache, lernen es aber aufgrund seiner herausragenden Bedeutung im internationalen Handel. Es wird geschätzt, dass zwischen 12 und 30 Prozent der indischen Bevölkerung Englisch spricht. Das entspricht etwa 140 bis 400 Millionen Sprechern, womit Englisch die zweithäufigste Sprache in Indien ist. Das bedeutet jedoch nicht, dass alle Inder, die Englisch sprechen, die Sprache fließend beherrschen. Viele Inder dürften Englisch nur in Grundzügen verstehen. Die englische Sprache ist vor allem in großen Ballungsräumen wie Bangalore, Mumbai, Chennai, Hyderabad und Delhi sehr weit verbreitet. Zufällig sind das genau die Gebiete, die viele Englisch sprechende Touristen ansteuern. Es gibt auch eine Sprache namens „Hinglisch“, eine Mischung aus Hindi und Englisch. Schätzungen zufolge sprechen etwa 100 bis 350 Millionen Menschen in Indien Hinglisch, viele von ihnen beherrschen auch Englisch. Diese mehrsprachigen Inder bevorzugen Hinglisch, denn es gibt ihnen das Gefühl, modern und gleichzeitig fest in der indischen Kultur verwurzelt zu sein.Die Qual der Wahl?
Inder haben bei der Markenwahl eine klare Vorliebe für jene Marken, die sie in ihrer Muttersprache ansprechen. Aus diesem Grund ist es unerlässlich für alle Marken, die sich auf dem indischen Markt etablieren möchten, dass sie für jeden indischen Bundesstaat die richtige Lokalisierung und Übersetzung bieten. Viele Unternehmen gehen irrtümlich davon aus, dass es genügt, ins Hindi zu übersetzen. In Wirklichkeit ist jedoch die Region, in der das Unternehmen aktiv werden will, maßgeblich dafür, welche Sprache für die Lokalisierung und Übersetzung gewählt werden sollte. Um Vertrauen zu schaffen und eine möglichst feste Kundenbeziehung aufzubauen, müssen Unternehmen für das Marketing und den Vertrieb die richtige Sprache ihrer Zielgruppe wählen. Doch wie sollten Sie dazu vorgehen?- Erlaubt es Ihnen Ihr Budget nicht, in jede Sprache zu lokalisieren, müssen Sie möglicherweise auf Nummer sicher gehen. Wenn Sie sich auf die am meisten gesprochenen Sprachen wie Hindi, Bengalisch, Telugu, Marathi und Tamil konzentrieren, erreichen Sie mit hoher Wahrscheinlichkeit den Großteil Ihrer Zielgruppe. Wenn Sie über ein größeres Budget verfügen, können Sie weitere Sprachen in Ihr Lokalisierungsprojekt aufnehmen.
- Sie können bei Wikipedia prüfen, wie viele Artikel in einer bestimmten Sprache bereitstehen. Mehr als 100.000 Artikel in einer einzelnen Sprache lassen auf eine signifikante Online-Aktivität ihrer Sprecher schließen.
- Schauen Sie sich die Analysen Ihrer Website an, um herauszufinden, aus welchen Regionen der meiste Datenverkehr stammt. Kombinieren Sie diese Zahlen mit Daten aus Ihrem Vertrieb und Kundenservice, um zu ermitteln, woher potenzielle Kunden und Bestandskunden kommen. Wenn diese Regionen mit den Regionen mit hoher Online-Aktivität übereinstimmen, dann wissen Sie, worauf Sie sich konzentrieren müssen.
- Machen Sie sich mit den behördlichen Sprachvorschriften vertraut. In Kanada beispielsweise muss eine Produktverpackung per Gesetz sowohl in Englisch als auch Französisch beschriftet sein. Prüfen Sie auch die Vorgaben Ihrer Branche. Wenn Sie in einem stark regulierten vertikalen Markt agieren (wie Medizinprodukte oder Finanzen), müssen Sie gegebenenfalls eine Reihe von Sprachen abdecken.
- Beobachten Sie auch Ihre Wettbewerber in der Region. Ihre Strategie ist wahrscheinlich nicht die gleiche wie die Ihrer Wettbewerber, daher können Sie nicht nach Schema F verfahren, aber die gewonnenen Informationen können für Ihre Marktanalyse hilfreich sein. Wenn Sie nachvollziehen können, warum ein Wettbewerber eine bestimmte Sprache anbietet oder ausschließt, können Sie diese Erkenntnis zu Ihrem Vorteil nutzen. Sie können auch noch einen Schritt weiter gehen und sich die Vertriebsdaten Ihrer Konkurrenz anschauen: Wie war die Performance vor und nach der Übersetzung und welche sprachspezifischen Erkenntnisse können Sie daraus gewinnen?