Wie in fast jeder Branche hat die Digitalisierung mittlerweile auch in der Finanzdienstleistung Einzug gehalten. Laut
Deloitte hat für mehr als die Hälfte aller Finanzdienstleister die Neuausrichtung und Digitalisierung ihrer Kundeninteraktionen höchste strategische Priorität
Angesichts des harten Wettbewerbs durch FinTech-Firmen und Online-Banken setzen Privatkundenbanken auf neue Technologien, um ihr Wachstum anzukurbeln. Schließlich ist die Konkurrenz den Privatkundenbanken im Bereich Kundeninteraktion bereits einige Schritte voraus.
Die Anbieter haben begriffen, dass Kunden durch digitale Technologien mehr Kontrolle, mehr Auswahl und einen einfacheren Zugriff auf ihr Geld haben. Im Gegenzug bekommen sie einen besseren Zugang zu Daten, aus denen sie Rückschlüsse über das Kundenverhalten ziehen sowie das Umsatzwachstum und die Rentabilität prognostizieren können.
Weltweit agierende Unternehmen
investieren hohe Summen in Bereiche wie künstliche Intelligenz, Datenanalytik, Blockchain, Prozessautomatisierung und in das Internet der Dinge (IoT), um ihre Systeme auf den neuesten Stand zu bringen und zukunftsfähig zu machen. Notwendig sind kontinuierliche Investitionen in neue Tools und Plattformen sowie eine akkurate Lokalisierung von Produkten und Services, um die von Land zu Land unterschiedlichen Vorschriften und Regeln einzuhalten.
Die Digitalisierung des Kundenerlebnisses wirkt sich auch auf eine Reihe von Interaktionen aus, die Übersetzungen im Finanzbereich erfordern.
Digitale Dokumente im Finanzsektor
Nur wenige Endkunden wünschen heute noch Dokumente wie Geschäftsberichte und Prospekte in Papierform. Ab 1. Januar 2021 beispielsweise wird die US-Börsenaufsichtsbehörde bestimmten Fonds erlauben, Investoren zur Einsicht der Jahres- und Halbjahresabschlüsse an eine Webadresse zu verweisen, anstatt ihnen diese vollständig in Papierform zu senden.
Digitale Transformation bedeutet für viele eine bessere Reaktionsfähigkeit, da Informationen immer sofort abrufbar sind. Die Umstellung auf Online-Berichte könnte Übersetzern im Finanzbereich tatsächlich mehr Flexibilität bei der Verhandlung von Abgabefristen verschaffen. Da Fonds nun keine Zeit mehr für das Drucken und Versenden der Berichte einplanen müssen, bleibt Übersetzern mehr Zeit für ihre Arbeit, bevor die Dokumente den Anlegern weltweit zur Verfügung gestellt werden.
Doch in einer derart streng regulierten Umgebung muss äußerste Sorgfalt bei der Umsetzung der digitalen Transformation angewandt werden. Übersetzer im Finanzbereich kennen sich mit den komplexen und vielfältigen Finanzregeln der einzelnen Länder bereits sehr gut aus. Doch mit der fortschreitenden Digitalisierung kommen auf sie neue und interessante Herausforderungen zu.
Übersetzung für Chatbots
Chatbots werden in der Kommunikation im Finanzwesen immer häufiger eingesetzt, da sie Transaktionen, vom Bezahlen von Rechnungen bis hin zum Portfolio-Management, übernehmen können. Sobald ein Unternehmen über die Grenzen seines Heimatmarkts hinausgeht, muss sämtlicher Chatbot-Content auch in den Sprachen der Zielmärkte vorhanden sein.
Doch es kann sich als äußerst schwierig erweisen, den Machine-Learning-Algorithmus hinter einem Chatbot mit den richtigen Wörtern, Phrasen und Synonymen zu trainieren.
Übersetzer im Finanzbereich müssen deshalb in vielerlei Aspekten mit Entwicklern zusammenarbeiten. Zum Beispiel daran, wie mithilfe künstlicher Intelligenz ähnlich formulierte Fragen unterschieden werden können und dass die Antworten nicht den individuellen Vorschriften des jeweiligen Landes widersprechen.
Diese konversationellen Interaktionen stehen auch im Widerspruch zu der formellen Sprache, die in den meisten Finanzdokumenten verwendet wird. Es braucht eine sorgfältige Balance zwischen einem lockeren Tonfall und hochpräzisen Informationen.
Übersetzung für FinTech-Apps
Einige der Probleme von Übersetzungen für Chatbots treten auch auf, wenn Finanzdienstleister eine globale App einführen. Doch bei reinen Mobilgeräteplattformen ist die Problematik oft noch komplexer. Sprachspezifisch verschieden lange Zeichenketten können die Benutzeroberfläche einer App beeinträchtigen. Die variierenden Skripte stellen Entwickler zudem vor typografische Herausforderungen.
Hinzu kommt, dass die App-Lokalisierung für Apple iOS- und Android-Plattformen ein ähnliches, aber nicht identisches Key/String-System verwenden. Hier ist der „Key“ die Anweisung für die App und der „String“ der Begleittext für die Benutzer. Wenn Übersetzer erfolgreich lokalisieren wollen, müssen sie mit den Entwicklern absprechen, welche „Strings“ zu welchem „Key“ gehören – eine Aufgabe, die alleine schon schwierig genug wäre, ohne zusätzlich noch auf die terminologischen und inhaltlichen Anforderungen der Finanztexte zu achten.
Es gibt zwei Ansätze, den Übersetzungsprozess dieser neuen Formate zu verbessern: zum einen, die Software bereits im Voraus zu internationalisieren und so für die Lokalisierung vorzubereiten, und zum anderen, Lokalisierungstests und linguistische Tests in den Projektentwicklungszyklus zu integrieren, damit Übersetzungen im Kontext überprüft und Funktionsprobleme vor der Markteinführung beseitigt werden können.
Übersetzung von digitalen Pitch Books
Ein Pitch Book ist ein Vertriebsdokument, mit dem Investmentbanken und Börsenhändler neue Kunden umwerben. So ein Dokument, z. B. als PDF, umfasste bisher nicht selten bis zu 30 Seiten. Doch mit der zunehmenden Fokussierung auf ein ansprechendes Kundenerlebnis werden aus Pitch Books immer häufiger digitale und interaktive Präsentationen, die in Kürze und präzise auf den Punkt kommen. Angesichts der Integration von Business-Intelligence-Tools wie Microsoft Power BI oder Tableau müssen sich Sprachdienstleister kontinuierlich auf neue Formate einstellen, die über standardmäßige PowerPoint- oder PDF-Präsentationen hinausgehen.
Dies ist nicht unbedingt die Aufgabe eines Übersetzers. Sie können sich weiter auf den Text konzentrieren. In Zukunft wird jedoch bei Übersetzungen im Finanzbereich eine engere Zusammenarbeit zwischen Entwicklern, Technischen Mitarbeitern und Sprachexperten notwendig sein.
Neuronale MT bei Übersetzungen von Finanztexten
Die neuronale maschinelle Übersetzung (NMT) ist mittlerweile so weit gereift, dass sie bereits Finanzdokumente für den internen Gebrauch übersetzen kann. Allerdings muss die Übersetzung oft noch von einem erfahrenen Post-Editor nachbearbeitet werden.
Interessanterweise ist ein guter Übersetzer von Finanztexten nicht automatisch auch ein guter Post-Editor. Das Post-Editing maschinell übersetzter Texte erfordert andere Fertigkeiten und spezielles Training. In diesem Bereich gilt es ohnehin, sich kontinuierlich neue Techniken und Kenntnisse anzueignen.
Angesichts der komplexen Zahlen und Terminologie von Finanztexten ist es unwahrscheinlich, dass in naher Zukunft auf Eingriffe durch den Menschen komplett verzichtet werden kann. Dennoch wird es möglich sein, in wesentlich größerem Umfang korrekte Übersetzungen von Finanztexten zu erstellen.
Wie geht es weiter?
Die verschlungenen Regularien des globalen Finanzwesens werden die digitale Transformation in einigen Bereichen der Branche ausbremsen. Unternehmen, die ihren internationalen Kunden jedoch mehr Kontrolle über ihre Konten und einen einfacheren Zugriff auf ihre Services gewähren, sind agiler und können ein besseres Benutzungserlebnis bieten.
Übersetzer und Sprachdienstleister im Finanzsektor sind bereits Experten für den linguistischen Teil dieser Transaktionen. Doch mit der zunehmenden Digitalisierung der Kundeninteraktionen in dieser Branche müssen Übersetzer auch die Sprache von App-Entwicklern und Ingenieuren verstehen.
Wie auch immer Ihr nächstes Übersetzungsprojekt im Finanzsektor aussehen mag,
sprechen Sie uns an. Gemeinsam finden wir die beste Lösung für Ihre Anforderungen.